Frei Schnauze - authentisch und heilssam sprechen

01.06.2020

Sich frei und spontan auszudrücken, ehrlich sagen was man will und was man nicht will und dabei gleichzeitig die Gefühle anderer nicht zu verletzen, erscheint manchmal wie eine Gratwanderung. Vor allem dann, wenn die Forderung nach Meinungsfreiheit, der Wunsch nach `politischer Correctness`, achtsame Kommunikation und "Ich sage es, wie mir der Schnabel gewachsen ist" aufeinandertreffen. Heilsame Kommunikation, die gleichsam frei und authentisch ist, ist jedoch möglich und kann sogar trainiert werden. Sie sollte auch trainiert werden, denn Worte können ein Herz berühren oder es auch brechen.

"Oh man, wenn das so weiter geht, dann kann ich bald gar nichts mehr sagen", entfährt es spontan Alex. "Ja, aber wenn du es so sagst, ist das nicht buddhistisch", entgegnet Charly empört. Es ist der erste Tag unseres Kommunikationstraining "Miteinander Reden - mit einander Schweigen" im Waldhaus am Laacher See. Wir tauschen uns gerade darüber aus, was heilsame Kommunikation ist und wie man sie in der eigenen Familie, bei der Arbeit und auch im Internet kultivieren kann. Alex und Charly heißen in Wirklichkeit anders, aber die Aussagen sind real und die Fragestellung allgegenwärtig: Wie kann ich mich frei heraus ausdrücken, ohne anderen Leid zu zufügen? In dem meditativen Kommunikationstraining, wollen wir mit Hilfe der buddhistischen Lehren und anhand von Modellen aus der Kommunikationspsychologie unsere Sprachgewohnheiten näher beleuchten und Wege entdecken, besser mit einander zu reden. Dafür hat sich die bunt zusammengewürfelte Gruppe für 4 Tage in die Eifel zurückgezogen - meditiert, diskutiert und schweigt miteinander.

Regel helfen, reichen aber nicht

Eine gute erste Orientierung zur heilsamen Kommunikation findet sich in den buddhistischen Schriften in der vierten Sila (keine Unwahrheit sprechen) oder der `rechten Rede`, der dritten Säule des Achtfachen Pfades. Diese Hinweise können als Gebote oder Normen für die tägliche Praxis interpretiert werden. Doch Normen und Regeln reichen oft nicht aus um die eigenen Kommunikationsgewohnheiten zu transformieren. Denn die reine Regeleinhaltung vernachlässigt die Dynamik unseres Geistes und den immer wieder wiederkehrenden Wunsch "Einfach mal offen auszusprechen, was mich bewegt."

Im nächsten Schritt des Kommunikationstrainings machen wir uns daher mit Modellen der Kommunikationspsychologie vertraut, die hilfreich erscheinen sich ehrlich und konstruktiv mit anderen auszutauschen. Das Eisberg-Modell zeigt beispielsweise, wie stark unsere Kommunikation von der ´weniger sichtbaren` Ebene, geprägt von Bedürfnissen, Interpretationen, und Interessen beeinflusst wird. Das Modell der `Gewaltfreien Kommunikation´ bietet viele hilfreiche Ansätze die eigenen Bedürfnisse auf eine heilsame Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Damit aber Modelle und Kommunikationstechniken nicht zu Tricks oder Manipulationstechniken verkommen, ist es entscheidend die darunter liegende Haltung, den Herzgeist, der in der Interaktion seinen Ausdruck findet, zu reflektieren.

"Das wird man ja wohl noch sagen dürfen"

Jenseits von Normen und Techniken ist entscheidend, zu spüren und zu schauen, was will ich wirklich ausdrücken. In welcher Stimmung ist dabei mein Herz, ist mein Geis? Wenn wir uns über unseren Kollegen ärgern, sauer auf unsere Freundin oder wütend über einen Internet-Post sind, macht es wenig Sinn, unsere Gefühle und Anliegen wegzudrücken oder hinter wohlklingenden Worten zu verstecken. Hilfreicher erscheint es da, kurz innezuhalten, genau zu erforschen in welcher Stimmung oder Färbung mein Herzgeist gerade ist. Das ist nicht immer leicht, vor allem wenn die Emotionen bereits hochkochen, wenn unser Ego besonders hart getroffen wurde oder wenn wir schon eine lange, destruktive Vorgeschichte mit unserem Gegenüber haben. Doch: Je häufiger man Geistessammlung und -betrachtung praktiziert, desto stärker wird diese Fähigkeit.

Ist mein Herzgeist im Moment des Sprechens - und auch während des Zuhörens - von Interesse, Wohlwollen oder Mitfreude geprägt oder beherrschen mich gerade Ablehnung, Angst, Trauer oder Zorn? Die Praxis der Vier Brahma Viharas bietet eine wundervolle Möglichkeit, genau hinzuschauen, was sich hinter der Geistesfärbung verbirgt. Als Brahma Vihara (Liebevoller Geist) gelten Wohlwollen, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut.

Können wir beispielsweise erkennen, wie verbunden der `blöde` Kollege und man selbst in Wahrheit sind? Können wir entdecken, dass die eigenen Bedürfnisse und die der Freundin in diesem Moment auseinander gehen, beide aber ein Recht auf ihre Bedürfnisse haben? Können wir die Angst hinter einem furchtbaren Internet-Post und unsere Ohnmacht darauf spüren? Wie reagiert unser Ego, wenn uns das Gegenüber eine langweilige oder eine aufwühlende Geschichte erzählt?

Um in sanften und gleichzeitig mutigen Kontakt mit unserem Herzgeist zu kommen, gehen wir während des Kommunikationstrainings immer wieder ins Schweigen, lauschen uns selbst. Wir üben uns darin, uns selbst und anderen achtsam und `tief` zuzuhören. Bemerken wir unsere Ungeduld, ist es eine gute Möglichkeit, uns in Gleichmut zu üben. Bemerken wir Neid auf die Erzählungen anderer, können wir uns in Mitfreude üben.

Ein heilsames "Nein" kann Wunder wirken

Heilsame Kommunikation dient dazu, mit uns selbst und anderen in Kontakt zu kommen, im Dialog zu bleiben und gegenseitig unsere innewohnenden Potentiale zu kultivieren. Dies sollte auch ein "Nein, ich möchte es nicht" oder "Da sind wir unterschiedlicher Meinung" beinhalten. Unser ehrliches "Ja" und unser "Nein", getragen von Mitgefühl und Wohlwollen uns selbst und dem anderen gegenüber, ist tiefster Ausdruck authentischer und heilsamer Kommunikation.

Miteinander Reden - Miteinander Schweigen

Im Laufe der vier Trainingstage und in der vertrauensvollen Atmosphäre, gelingt es immer besser zu erspüren, was wir in Wirklichkeit ausdrücken wollen. Dadurch kommen wir unserer Authentizität näher. Alex stellt beispielsweise fest: "Solange ich jemand anderem Vorwürfe machen kann, muss ich mich nicht damit beschäftigen, wie frustriert ich in Wahrheit bin. Eigentlich will ich doch nur, dass man mir hilft." Es erfordert Mut sich seine eigenen Verletzungen, Bedürfnisse und Emotionen einzugestehen und manchmal erfordert es noch mehr Mut diese gegenüber anderen auszudrücken "Warum hilfst Du mir nicht, du fauler Sack?!" fällt manchmal leichter als "Bitte hilf mir, ich fühle mich überfordert." Dabei ist die zweite Aussage ehrlicher und weniger verletzend als die erste. Wenn wir dabei getragen werden von dem Wohlwollen und Mitgefühl- in diesem Fall uns selbst gegenüber - sind wir der heilsamen Kommunikation einen großen Schritt nähergekommen.

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Sich frei und spontan auszudrücken, ehrlich sagen was man will und was man nicht will und dabei gleichzeitig die Gefühle anderer nicht zu verletzen, erscheint manchmal wie eine Gratwanderung. Vor allem dann, wenn die Forderung nach Meinungsfreiheit, der Wunsch nach `politischer Correctness`, achtsame Kommunikation und "Ich sage es, wie mir der Schnabel gewachsen ist" aufeinandertreffen. Heilsame Kommunikation, die gleichsam frei und authentisch ist, ist jedoch möglich und kann sogar trainiert werden. Sie sollte auch trainiert werden, denn Worte können ein Herz berühren oder es auch brechen.

"Oh man, wenn das so weiter geht, dann kann ich bald gar nichts mehr sagen", entfährt es spontan Alex. "Ja, aber wenn du es so sagst, ist das nicht buddhistisch", entgegnet Charly empört. Es ist der erste Tag unseres Kommunikationstraining "Miteinander Reden - mit einander Schweigen" im Waldhaus am Laacher See. Wir tauschen uns gerade darüber aus, was heilsame Kommunikation ist und wie man sie in der eigenen Familie, bei der Arbeit und auch im Internet kultivieren kann. Alex und Charly heißen in Wirklichkeit anders, aber die Aussagen sind real und die Fragestellung allgegenwärtig: Wie kann ich mich frei heraus ausdrücken, ohne anderen Leid zu zufügen? In dem meditativen Kommunikationstraining, wollen wir mit Hilfe der buddhistischen Lehren und anhand von Modellen aus der Kommunikationspsychologie unsere Sprachgewohnheiten näher beleuchten und Wege entdecken, besser mit einander zu reden. Dafür hat sich die bunt zusammengewürfelte Gruppe für 4 Tage in die Eifel zurückgezogen - meditiert, diskutiert und schweigt miteinander.

Regel helfen, reichen aber nicht

Eine gute erste Orientierung zur heilsamen Kommunikation findet sich in den buddhistischen Schriften in der vierten Sila (keine Unwahrheit sprechen) oder der `rechten Rede`, der dritten Säule des Achtfachen Pfades. Diese Hinweise können als Gebote oder Normen für die tägliche Praxis interpretiert werden. Doch Normen und Regeln reichen oft nicht aus um die eigenen Kommunikationsgewohnheiten zu transformieren. Denn die reine Regeleinhaltung vernachlässigt die Dynamik unseres Geistes und den immer wieder wiederkehrenden Wunsch "Einfach mal offen auszusprechen, was mich bewegt."

Im nächsten Schritt des Kommunikationstrainings machen wir uns daher mit Modellen der Kommunikationspsychologie vertraut, die hilfreich erscheinen sich ehrlich und konstruktiv mit anderen auszutauschen. Das Eisberg-Modell zeigt beispielsweise, wie stark unsere Kommunikation von der ´weniger sichtbaren` Ebene, geprägt von Bedürfnissen, Interpretationen, und Interessen beeinflusst wird. Das Modell der `Gewaltfreien Kommunikation´ bietet viele hilfreiche Ansätze die eigenen Bedürfnisse auf eine heilsame Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Damit aber Modelle und Kommunikationstechniken nicht zu Tricks oder Manipulationstechniken verkommen, ist es entscheidend die darunter liegende Haltung, den Herzgeist, der in der Interaktion seinen Ausdruck findet, zu reflektieren.

"Das wird man ja wohl noch sagen dürfen"

Jenseits von Normen und Techniken ist entscheidend, zu spüren und zu schauen, was will ich wirklich ausdrücken. In welcher Stimmung ist dabei mein Herz, ist mein Geis? Wenn wir uns über unseren Kollegen ärgern, sauer auf unsere Freundin oder wütend über einen Internet-Post sind, macht es wenig Sinn, unsere Gefühle und Anliegen wegzudrücken oder hinter wohlklingenden Worten zu verstecken. Hilfreicher erscheint es da, kurz innezuhalten, genau zu erforschen in welcher Stimmung oder Färbung mein Herzgeist gerade ist. Das ist nicht immer leicht, vor allem wenn die Emotionen bereits hochkochen, wenn unser Ego besonders hart getroffen wurde oder wenn wir schon eine lange, destruktive Vorgeschichte mit unserem Gegenüber haben. Doch: Je häufiger man Geistessammlung und -betrachtung praktiziert, desto stärker wird diese Fähigkeit.

Ist mein Herzgeist im Moment des Sprechens - und auch während des Zuhörens - von Interesse, Wohlwollen oder Mitfreude geprägt oder beherrschen mich gerade Ablehnung, Angst, Trauer oder Zorn? Die Praxis der Vier Brahma Viharas bietet eine wundervolle Möglichkeit, genau hinzuschauen, was sich hinter der Geistesfärbung verbirgt. Als Brahma Vihara (Liebevoller Geist) gelten Wohlwollen, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut.

Können wir beispielsweise erkennen, wie verbunden der `blöde` Kollege und man selbst in Wahrheit sind? Können wir entdecken, dass die eigenen Bedürfnisse und die der Freundin in diesem Moment auseinander gehen, beide aber ein Recht auf ihre Bedürfnisse haben? Können wir die Angst hinter einem furchtbaren Internet-Post und unsere Ohnmacht darauf spüren? Wie reagiert unser Ego, wenn uns das Gegenüber eine langweilige oder eine aufwühlende Geschichte erzählt?

Um in sanften und gleichzeitig mutigen Kontakt mit unserem Herzgeist zu kommen, gehen wir während des Kommunikationstrainings immer wieder ins Schweigen, lauschen uns selbst. Wir üben uns darin, uns selbst und anderen achtsam und `tief` zuzuhören. Bemerken wir unsere Ungeduld, ist es eine gute Möglichkeit, uns in Gleichmut zu üben. Bemerken wir Neid auf die Erzählungen anderer, können wir uns in Mitfreude üben.

Ein heilsames "Nein" kann Wunder wirken

Heilsame Kommunikation dient dazu, mit uns selbst und anderen in Kontakt zu kommen, im Dialog zu bleiben und gegenseitig unsere innewohnenden Potentiale zu kultivieren. Dies sollte auch ein "Nein, ich möchte es nicht" oder "Da sind wir unterschiedlicher Meinung" beinhalten. Unser ehrliches "Ja" und unser "Nein", getragen von Mitgefühl und Wohlwollen uns selbst und dem anderen gegenüber, ist tiefster Ausdruck authentischer und heilsamer Kommunikation.

Miteinander Reden - Miteinander Schweigen

Im Laufe der vier Trainingstage und in der vertrauensvollen Atmosphäre, gelingt es immer besser zu erspüren, was wir in Wirklichkeit ausdrücken wollen. Dadurch kommen wir unserer Authentizität näher. Alex stellt beispielsweise fest: "Solange ich jemand anderem Vorwürfe machen kann, muss ich mich nicht damit beschäftigen, wie frustriert ich in Wahrheit bin. Eigentlich will ich doch nur, dass man mir hilft." Es erfordert Mut sich seine eigenen Verletzungen, Bedürfnisse und Emotionen einzugestehen und manchmal erfordert es noch mehr Mut diese gegenüber anderen auszudrücken "Warum hilfst Du mir nicht, du fauler Sack?!" fällt manchmal leichter als "Bitte hilf mir, ich fühle mich überfordert." Dabei ist die zweite Aussage ehrlicher und weniger verletzend als die erste. Wenn wir dabei getragen werden von dem Wohlwollen und Mitgefühl- in diesem Fall uns selbst gegenüber - sind wir der heilsamen Kommunikation einen großen Schritt nähergekommen.er

Veröffentlicht in der Zeitschrift Ursache & Wirkung (Juni 2020)

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